Im Oktober war es soweit, meine Frau und ich packten die Koffer und flüchteten bei grauenvollem Wetter aus Österreich für eine Woche ins warme Ägypten. Irgendwann bei der Planung ist mir aufgefallen, dass es am Zielort eine richtig schön lange Uferpromenade gibt und ganz weit hinten in meinem Kopf hat sich die Idee breit gemacht, wie es denn wäre dort mit einem Unicycle herum zu düsen. Aus dieser kleinen Idee wurde schnell eine Manie und der Vorsatz: Mein Firewheel kommt mit! Kurz keimte auch noch die Idee auf ein zweites E-Wheel nämlich das Inmotion V3 für meine Frau mitzunehmen, diese Idee wurde allerdings schnell wegen Platzmangels aufgegeben.
So blieb noch die Frage offen, wie reist man mit einem E-Wheel richtig mit dem Flugzeug?
Varinate 1 war es einfach es als 14,5kg Handgepäck locker leicht schwingend am Bodenpersonal vorbei zu schummeln. Wie sich heraus gestellt hat wäre das eine sehr dumme Idee gewesen, denn neben der offenen Frage, welche Akkukapazität man eigentlich in ein Flugzeug im Handgepäck mitnehmen darf (ja, es gibt da irgendwelche Limits bezüglich Gefahrengut, aber so richtig genau kann einem das die Fluglinie auch nicht beantworten und E-Wheel Richtlinien gibt es sicher noch keine), hat der Flughafen auf einmal rigoros an diesem Tag das Handgepäck aller Reisenden auf Größe und Gewicht kontrolliert und die Leute reihenweise nachzahlen lassen. Mein Firewheel hätte sowohl die vorgeschriebenen 8kg Maximalgewicht wie auch die Abmessungen ordentlich überschritten. Vielleicht hätte ich aber auch einfach an der Kontrolle vorbeifahren können…:-)?
Somit war Variante 2 dir richtige Lösung und das Firewheel musste in den Koffer. Dazu gleich der Hinweis: Ein Firewheel passt genau in einen Samsonite Hartschalen-Koffer. Allerdings bereitet das 23kg hohe Maximalgewicht größere Probleme, denn viel darf in den Koffer nicht mehr hinein um nicht auch sofort dieses Limit zu übersteigen. Es kamen somit nur noch ein paar Badeschuhe, eine Badetasche und ein bißchen Schaumgummi in den Koffer, damit mein E-Wheel diese Reise hoffentlich gut übersteht.
Am Zielort angekommen stellte sich die Uferpromenade als Traumrennstrecke für E-Wheels heraus. Rein optisch ging es unendlich weit nach Norden… (ja, ich war wirklich dort am Ende der Bucht bei dem Gebäude das man auf dem Foto noch im Hintergrund erahnen kann).
und auch unendlich weit nach Süden…
Dazu auch gleich ein Tipp: In Ägypten geht die Sonne im Oktober schon recht schnell so gegen 17 Uhr unter….das ergibt traumhaft schöne Sonnenuntergänge wenn man auf seinem elektrischen Wüstenschiff durch die Gegend reitet.
Allerdings wird es dann schnell zappenduster und wenn man den Fehler gemacht hat seine Tour zu spät zu beginnen, weil es um 16 Uhr noch 34 Grad hatte, wird man recht hurtig von völliger Dunkelheit überrascht. Und es ist nicht wirklich lustig eine unbekannte Strecke in stockfinsterer Nacht mit seinem E-Wheel zurück zu legen, wenn findige ägyptische Bauarbeiter beim Pflastern der Promenade hin und wieder einen Stein vergessen haben, selbst wenn man ein eingebautes LED-Licht in seinem Firewheel hat…. die ganz Schlauen, so wie ich, vergessen dann noch ihr Handy sicherheitshalber im Hotel…die erste Rückfahrt in völliger Dunkelheit war somit ein wenig unentspannt und hat über eine Stunde gedauert. Für die gleiche Entfernung habe ich 2 Tage später 25 Minuten gebraucht…allerdings war es da noch hell und die Fahrt war ein bißchen angenehmer.
Wie ich feststellen musste hat dann doch jede noch so schöne Strecke irgendwo ein Ende, wobei hier die Betonung auf irgendwo liegt:
Selten zuvor so einsam gefühlt…jetzt bitte kein Patschen, sonst wird es interessant und ich werde tragetechnisch eine sehr intime Beziehung mit meinem Firewheel aufbauen.
Auf der anderen Seite des Promenade habe ich mich schon viel sicherer gefühlt, denn das Ende wurde von 2 Wachmännern in ihrem Häuschen genauestens kontrolliert…für die war ich ein Alien und sie haben sich gleich gar nicht aus dem Wachhaus getraut.
Die Mehrzahl der Ägypter hatte allerdings weniger Kontaktprobleme mit mir und wollten auch gleich mit meinem Firewheel fahren:
Naja, fahren ist vielleicht übertrieben und an der Haltung müssen wir noch ein wenig arbeiten. Ich gebe aber zu, dass meine Erklärung, er soll sich wie beim Schifahren hinstellen nicht besonders schlau war… ihm war an diesem, wie er sagte, Spätherbsttag bei 28 Grad und Wind aber auch schon kalt. Und er meinte noch, der Winter käme jetzt mit riesen Schritten. Achja, dass war der Tag, an dem mir mein Sohn erzählt hat, dass es in Mödling in der Früh 2 Grad hatte.
Wie gewohnt kam es zu vielen netten und freundlichen Kontakten. Nicht anders als in Österreich spricht dich einfach jeder an, der dich auf deinem E-Wheel sieht oder ruft nur „Cooooooooooool!!!!!“ und deutet mit dem Daumen nach oben.
Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen und bin auf meinen Ausfahrten auch ein wenig ins Hinterland abgezweigt. Unglaubliche Gegend und endlose völlig einsame und (fast) perfekt asphaltierte Straßen…einfach der Traum jedes E-Wheelers. Sollte sich doch einmal ein Auto in diese Gegend verirren, hupt der Fahrer freundlich, winkt wie ein Wilder und kann nicht glauben, was er da gerade sieht.
Ganz verwegen wollte ich auch einmal mit Schwung von der asphaltierten Straße in den Sand fahren. Nach 3 Metern hat mein Firewheel gebockt, sich in den Sand eingegraben und mich erfolgreich abgeworfen. Foto gibt es von dieser wahnsinnigen Aktion keines, aber ich war zu dem Zeitpunkt mit der GoPro am Kopf unterwegs und so gibt es eine nette Szene in der ich auf einmal wild mit den Händen herumfuchtle und in der Luft zu laufen beginne. Was lernen wir daraus: Hoher lockerer Sand ist (für mich) unmöglich, aber gepresster zusammengefahrener Sand ist machbar, wenn auch das Gefühl noch schrecklicher als mit einem Fahrrad ist.
Belohnt wird man aber auf jeden Fall mit solchen und ähnlichen Bildern…
Bei der Abreise wurde es am Flughafen noch einmal spannend. Dort werden die Koffer bevor man eincheckt einmal durch ein Röntgengerät geschickt um Sprengstoff, Bomben oder Waffen zu finden. Naja, mir fällt eigentlich wenig ein, dass auf dem Bildschirm eines Sicherheitsbeamten in Ägypten mehr nach einer Bombe aussehen könnte als mein Firewheel. So war es dann auch. Geklingelt hat dort eigentlich bei vier parallelen Spuren und gefühlten 100.000 Reisenden eigentlich ständig ein Gerät, aber mein Koffer hat die Beamte richtig interessiert. Zuerst kam ein völlig unverständlicher Brüller… ich wusste aber, dass der nur mir gelten konnte. Dann kam ein Winken und Deuten, worauf ich mit dem Koffer zu ihm gehen wollte, was wiederum der Sicherheitsbeamte überhaupt nicht wollte. Nach kurzem Hin und Her verstand ich, dass er nur mich sehen wollte und nicht meinen Koffer. Also ließ ich den Koffer stehen und durfte in die Sicherheitszone hinter den Bildschirmen zu einem Mann mit versteinertem Blick und geladener Pistole im Halfter. Und da war es auch schon mein E-Wheel. In voller Pracht konnte ich das Rad, die Elektronik und die Akkus am Monitor bestaunen. Leider war ich vermutlich der Einzige den dieser Anblick begeisterte. Schnell kam die nette Frage im höflich zuvorkommenden Ton: WHAT???? Und mit dem Finger deutete er auf das Bild. Damit waren alle zuvor geschmiedeten Pläne zunichte gemacht, denn ich hatte in meiner geistigen Vorbereitung auf diesen Moment eigentlich ans Öffnen des Koffers, das Auspacken des Unicycles, die Vorführung und das Drehen einer Runde vor den Sicherheitsbeamten und darauffolgendem Gruppenlächeln gehofft. Denkste! Schnell musste Plan B her wie man einem fürchterlich dreinblickenden Ägypter etwas erklärt, was er nicht kennt. Also kam ein vorsichtiges „Bicycle“ von mir. Sein Blick ließ erahnen, dass er mir das nicht glaubte, was er mit noch freundlicheren „WHAT“ bestätigte. „A bicycle with one wheel“ erwiderte ich. Zusammengekniffene Augen und viele Fragezeichen über dem Kopf waren die Reaktion. Vermutlich hätte er es mir sogar geglaubt, wenn auf dem Bild nicht so unglaublich viel Elektronik und Akkus zu sehen gewesen wären. Somit kam gleich wieder „WHAT????“. Kinder, hat der auch noch ein anderes Vokabular? Warum darf ich ihm mein Firewheel nicht zeigen – wie soll ich dem Sohn von Beduinen jemals erklären was das ist??? „An electrical bike with one wheel“, war mein hoffnungsloser letzter Versuch. Völliges Unverständnis von seiner Seite war die Reaktion. Gerade als er wieder zu seinem WHA… ansetzen wollte, kam von irgendwoher ein Brüller, vermutlich von seinem Chef, der ihm scheinbar genau so freundlich mitteilte, dass er jetzt mit dem Blödsinn aufhören sollte, denn sonst würde die Schlange bald vom Flughafen bis Hurghada Stadt stehen. So trennten sich unsere Wege und ich bin mir sicher, der hat bis jetzt nicht verstanden, was da eigentlich in meinem Koffer war… Der Flug nach Wien und die Einreise verliefen dafür wieder völlig problemlos. Wer schon einmal nach Mitternacht in Wien angekommen ist, weiß, dass um diese Uhrzeit dort kein Mensch mehr zu sehen ist, geschweige denn ein Zöllner.
Resümee einer traumhaften Reise mit dem E-Wheel: Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen…