Es ist Sommer, es ist schön, also einfach hinauf aufs elektrische Einrad Kingsong KS18 und eine kleine Route durch Wien starten. Ausgangspunkt ist Simmering weil man dort schnell hinkommt und es immer einen kostenlosen Parkplatz an einer Stelle gibt, wo man der Bahnbrücke entlang einfach und unkompliziert im Prater landet. Diesmal geht es aber in eine andere Richtung und zwar den Donaukanal entlang quer durch Wien. 10 Meter an den im Stau stehenden Autofahrern auf der Ostautobahn, die neidisch herüber blicken kommt man auf einem perfekten Radweg schnell ins Stadtinnere. Ob man die linke oder die rechte Seite des Donaukanals bevorzugt, bleibt jedem selber überlassen, denn beide Uferseiten haben ihren eigenen Charme. Wahlweise kann man auch bei den Brücken relativ problemlos zur anderen Seite wechseln.
Von der Bodenbeschaffenheit her würde ich die rechte Flussseite (in Fließrichtung) ein wenig bevorzugen, denn wenn man stadtauswärts Richtung Klosterneuburg fährt, gibt es einige Stellen mit Wurzeln im Boden an denen sich der Asphalt schon aufwölbt. Was mit einem Fahrrad vermutlich noch problemlos zu bewältigen ist, kann mit einem elektrischen Einrad und höherer Geschwindigkeit schon zu einer kleinen ungeplanten Sprung- oder Flugphase führen, die für den ungeübten Einradfahrer vielleicht zwar erfrischend aber auf jeden Fall einradtötend im Donaukanal endet. Denn an diesen Stellen fällt die Böschung steil nach unten zum Wasser ab.
Weiter geht es den Donaukanal entlang vorbei an der Müllverbrennungsanlage designed by Friedensreich Hundertwasser, der kompletten Heiligenstätter Lände mit den Firmensitzen von Krone, Heute, BMW Wien, Hitradio Ö3 und Porsche Wien. Dann passiert man die beeindruckende Kunstmeile der Brückenpfeiler und fährt weiter bis zur Schemmerlbrücke und der Donaukanalwehranlage.
Dort gibt es jetzt auch eine Fischaufstiegshilfe für wanderbereite Fische, die sich von unten in den Donaukanal verschwommen haben. Vielleicht dient sie aber auch als 320 Meter lange Rutsche für von der Donau kommende Fische, die einfach Spaß haben wollen? Mich würde interessieren, wie viele Fische diesen Wasserirrgarten pro Tag finden und auch benutzen – gibt es da fachliche Informationen?
Immer weiter geht es auf einem tollen Radweg der Donau entlang und man passiert das Kahlenbergerdorf (dort gibt es eine unglaublich steile Straße auf den Kahlenberg, aber das ist ein anderer Bericht), den Yachthafen Kuchelau, den Ruderverein Austria, zahllose kleine Lokale und schnell ist man in Klosterneuburg. So schnell, dass es mich noch weiter zieht, denn das Wetter ist viel zu schön und das gedanklich gesteckte Ziel ist mit meinem elektrischen Einrad viel zu schnell erreicht. Also einfach gerade weiter und überraschen lassen, was da noch kommt. Es folgt ein Auparkbahnverein mit einer Minibahn, natürlich das Stift Klosterneuburg und ein Monster von Straße mitten im Nirgendwo.
Die Strecke wird jetzt immer schöner und es geht bei brütender Hitze der Aulandschaft entlang vorbei an vielen Badenden am Sandstrand, an Donaubuchten mit kleinen Boten, an malerischen Fähren bis man irgendwann hier landet:
Der Donau entlang wird es dann sogar einem Einradfahrer irgendwann langweilig. Denn der einzige Spaß besteht nur noch darin stromaufwärts bei heissem Gegenwind die wenigen Radfahrer zu ärgern, die nahe am Herzinfarkt wie die verrückten in die Pedale treten um dann von irgendeinem undefinierten Fortbewegungsmittel, das sie nicht kennen einfach im Tiefflug überholt zu werden. Ich gebe gleich zu, sie haben sich alle bitterböse an mir gerächt, denn stromabwärts hat mich bis zum 86 jährigen Opa alles überholt, was Räder hatte. Dafür verantwortlich war eine kleine energietechnische Ursache zu der ich jetzt komme. Wenn man eine Fahrt mit einem elektrisch angetriebenen Fortbewegungsmittel plant, besonders wenn es sich wirklich nur elektrisch bewegt (Segway, Einrad, Elektroauto) sollte man schon im Vorfeld wissen, wohin und vor allem wie weit die Entfernung zum Ziel ist. Wenn man sein elektrisches Einrad nicht voll auflädt, weil die Route ja nur bis Klosterneuburg führt sollte man nicht auf die Idee kommen auf einmal nach Tull und wieder retour fahren zu wollen, denn man wir Probleme bekommen. Besonders wenn man auch noch völlig sinnlos auf langen Geraden Fangerln mit Radfahrern spielt. Als doch recht wissender Einradfahrer für den ich mich halte, achte ich daher immer auf meine Akkuladung…..fast immer, denn die Fahrt zwei Tage zuvor ohne das Kingsong wieder zu laden hatte ich vergessen. Brav habe ich unterwegs irgendwo in den Donauauen überprüft, wie weit es denn von Simmering zur Brücke in Tulln ist um dann auf der anderen Seite der Donau wieder zurück fahren zu können. Das Ergebnis mit 86 km hat mich nicht schockiert, denn das schafft mein Einrad locker. Aber leider nur wenn es voll aufgeladen ist! Ca. 3 km vor Tulln die Brücke schon in Sicht setze ich an einen Radfahrer zu überholen und mein Einrad piepst plötzlich. Ups…was ist denn jetzt los. Schnell anhalten und alles überprüfen. Erster Alarm steht auf 40 km/h also alles in Ordnung. Aber trotz Geschwindigkeitsrausch waren das jetzt gerade sicher keine 40 km/h. Ein kurzer Blick auf die Akkukapazität beantwortet die Frage schnell: 41% Restreichweite. Zur Erklärung: Mein Kingsong möchte den Fahrer so weit wie möglich bringen, deshalb schaltet es ab 50% Restladung die Geschwindigkeit und auch die Alarme schrittweise herunter um den Energieverbrauch zu senken und die Reichweite dadurch zu erhöhen. Genau das hat es getan, denn der Alarm war bei 30 km/h. Alle kleinen und großen Mathematiker erkennen sofort mein Problem: Selbst wenn ich jetzt sofort umdrehe, werde ich mit 41% der vorhandenen Energie vermutlich nicht 50% der noch zurück zu legenden Wegstrecke schaffen. Als Techniker somit schnell in die Planung noch ein paar zusätzliche Parameter wie Gefälle, Rückenwind, langsamere Fahrt etc. einbauen und so zum Ergebnis kommen, dass ich bei braver Fahrweise möglicherweise sogar die ersten U-Bahn Station erreiche. Apollo 13 ist ja auch aufgrund unkonventioneller Lösungen wieder zurück zur Erde gelangt, also werde ich es ja wohl irgendwie bis nach Wien schaffen? Gesagt, getan. Wie auf rohen Eiern mit maximal 20 km/h habe ich unvermittelt die Richtung gewechselt und bin wieder stromabwärts gefahren. Mitleidig lächelnd hat mich jeder Radfahrer auf den unendlich langen Geraden überholt und es war die langweiligste Fahrt, die ich jemals hatte. Beim Kraftwerk Greifenstein dann aus lauter Verzweiflung die Uferseite wechseln um wenigstens auch die andere Seite der Donau kennen zu lernen.
Aufgrund der extrem langsamen Fahrweise war ja dazu mehr als genügend Zeit vorhanden. Es fährt sich mit einem elektrischen Einrad auch völlig entspannt, wenn man der Akkuanzeige ständig zusieht wie sie fällt und eigentlich schon weiss, dass es unmöglich ist mit diesem Ladezustand noch seinen Ausgangspunkt zu erreichen. Die einzige Chance liegt darin die Geschwindigkeit weiter zu drosseln um damit den Energieverbrauch zu minimieren. Am Beginn der Donauinsel zeigt mein Akku noch 10% und fahre mit maximal 15 km/h. Wer die Donauinsel kennt, weiss wie weit es von der Nordspitze der Donauinsel bis zur Tangente ist und nebenbei liegt das Ziel in Simmering also noch einmal quer durch den Prater. Bei der Reichsbrücke sind es noch 3% und maximal 7 km/h. Bei der Praterbrücke nur noch 1% und 3 km/h während mich ein paar Mütter mit ihren Kinderwägen überholen. D.h. ich fahre mit meinem selbstbalancierenden Fortbewegungsmittel eigentlich nur noch mit heißer Luft. Bei der Ostbahnbrücke reicht die Energie nicht mehr um die Rampe auf die Brücke zu fahren – ab hier kann ich mein Kingsong nur noch schieben. Die Rampe bergab darf ich aber noch mit 2 km/h fahren um ein bißchen Energie zurück zu gewinnen – dabei bockt mein Kingsong KS18L wie ein störrischer Esel. Was ich da treibe ist ein wenig lebensmüde, denn wenn sich das Einrad abschaltet liege ich auf der Nase. Aber was macht man denn nicht alles für den technischen Fortschritt?
Beim Auto komme ich mit 0% und Dauergepiepse an. Mein Einrad hat die Nase voll und ich auch! Aber ich bin zurück gekommen!!!
Zusammenfassung:
Strecke: Über den Donaukanal auf der rechten Seite der Donau bis (fast) zur Brücke in Tulln und retour am linken Donauufer und über die Donauinsel und den Prater.
Entfernung: 80,4 km
Durchschnittsgeschwindigkeit: 15,7 km/h
Fahrzeit: Unendliche 5 Stunden und 7 Minuten bei 36 Grad
Wheelempfehlung: Jedes elektrische Einrad da man die Runde beliebig verkürzen kann. Bis zur Brücke in Tulln mindestens 1.300 Wh voll aufgeladen
Schwierigkeitsgrad: Sehr einfache Strecke
Bodenbeschaffenheit: Perfekte Radwege